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Truppenübungsplatz Münsingen und das verlassene Dorf Gruorn - TrÜP Guide Margit Weber im Interview - HVP061



Mysterium Truppenübungsplatz im Biosphärengebiet Schwäbische Alb: Wir haben uns mit TrÜP Guide Margit Weber im verlassenen Dorf Gruorn im alten Schulhaus getroffen und haben sie ausgefragt zur Geschichte des Platzes, zur heutigen Nutzung, über Besonderheiten der Natur durch die lange spezielle Nutzung durch die Truppen bzw. die konstante Nichtnutzung in Sachen Bebauung und Landwirtschaft. Der Platz ist ein spannendes Thema. Er erfreut Wanderfreunde bei geführten Touren, lässt das Herz von Radfahrern und Fotografen höher schlagen und macht auch Geschichtsmuffel zu Neugieren. 

 

Der ehemalige Truppenübungsplatz

 

Der Truppenübungsplatz ist ein riesiges Areal im Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Unser Interviewgast Margit Weber ist TrÜP Guide und Wanderführerin. Sie liebt die Alb und die Schönheit der Natur, sodass sie sich auf dem Platz besonders wohl fühlt.

 

1895 wurde der Platz gegründet mit halber Größer. Als er dann erweitert werden sollte, weil zum Beispiel die Waffen immer längere Strecken überbrücken konnten, wurde 1937 beschlossen das Örtchen Gruorn mit seinen 665 Einwohnern umzusiedeln und 1939 mussten schließlich alle gehen. Im Gebiet des verlassenen Ortes konnte die Bundeswehr das Besetzen und den Beschuss von Orten und Häusern üben.

 

Heute stehen nur noch die sanierte Kirche und das alte Schulhaus. Alle anderen Gebäude sind verfallen und nur noch über wenige Mauerreste zu erahnen. Im alten Schulhaus kann man an ausgewählten Öffnungszeiten einkehren.

 

Auf dem Platz wurden Übungen durchgeführt, im Freien, Schießen, Marschieren und es gab Kasernen und zu Kriegszeiten auch Gefangenenlager. Es wurde auf dem Platz geübt und auch Flieger von außerhalb kamen zum Beschuss üben. Beliebt war dafür der Trailfinger Kopf – ein Steinbruch, in dem noch heute sehr viel Munition liegt.

 

Früher war der Platz nicht so abgeschirmt wie heute. Die Bewohner konnten den Platz passieren. An den umliegenden Rathäusern wurde dann verkündet, wo gerade der Beschuss geübt wird und an den anderen Orten konnte man passieren, sich aufhalten und Holz machen. Die Bewohner von Gruorn, die heute noch leben, treffen sich um von ihren Geschichten zu erzählen und um Pfingsten kommen alle Bewohner an ihre frühere Heimat zurück. 

 

Angelegt wurde der Platz von den Deutschen und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Platz von den Franzosen besetzt. Die Bevölkerung hat dies als angenehmes Miteinander empfunden. 1992 haben die Franzosen den Platz verlassen und schließlich hat man den Platz komplett in ein Naturschutzgebiet umgewandelt, als die Bundeswehr Ende 2005 auch abzog. Heute bildet der Platz die Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. 

 

Der Platz heute

 

Die Fläche wird jedoch heute noch von der Bundeswehr verwaltet – von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – und überwacht. Aufhalten darf man sich nämlich nur auf den gekennzeichneten Wegen. Pfosten mit gelber Kuppe machen Wege deutlich, die jeder begehen oder mit dem Rad befahren darf und die Truppenübungsplatz Guides haben noch ein weiteres Wegenetz zur Verfügung, auf welchem sie mit Gruppen unterwegs sein dürfen.

 

Andere Wege und abseits des Weges darf man sich nicht aufhalten zum einen aus Naturschutzgründen und zur Vermeidung, dass man mit Blindgängern und Munitionsresten in Berührung kommt.

 

Das offizielle Wegenetz ist ungefähr 45 bis 50 km lang. Mit einem TrÜP Guide kann man per Bus reinfahren nach Anmeldung oder man läuft oder fährt mit dem Rad. Da die öffentlichen Wege hauptsächlich geteert sind, sind sie zum Wandern eher uninteressant, dafür mit dem Rad umso schöner. Die Wege der TrÜP Guides sind teilweise naturbelassen, daher lohnt sich die geführte Tour auf jeden Fall. Man kann entweder mit einem TrÜP Guide direkt etwas ausmachen oder man nimmt an einem der fixen Termine teil.

 

Mit dem Bus könnte man auch auf der ehemaligen Panzerringstraße fahren. Diese ist 38 Kilometer lang und umrundet den 6700 Hektar großen Platz. Diese Straße wird jedoch auch von Liebherr und Daimler zu Testfahrten von Kränen und Lkws genutzt. Diese haben immer Vorrang, sollte man also auf sie treffen, dann Vorsicht. 

 

Die Natur auf dem Platz

 

Besonders auf dem Platz ist, dass seit über 130 Jahren nichts vom Mensch verändert wurde – keine Strommasten, keine Bebauung. Das Münsinger Hardt wurde schon früher nur durch Weidehaltung genutzt, nie als Ackerfläche. Diese ursprüngliche Natur gibt es sonst kaum. Natürlich haben die Panzer der Bundeswehr ihre Spuren hinterlassen, doch auch teilweise mit positivem Effekt.

 

Wenn ein Panzer den Boden verdichtet, dann sammelt sich auf einmal Wasser, was auf der Alb sonst durch den Karstboden nicht vorkommt. An diesen dann entstandenen Pfützen haben sich Tiere angesiedelt, die es sonst nicht gibt. Außerdem haben die Panzer Felsriegel freigelegt durch ihre Drehung. Dort haben sich die Steinschmätzer (ein seltener Vogel) angesiedelt. Jetzt ist dies wieder rückläufig, da die Panzer ja nicht mehr da sind.

 

Prinzipiell ist es sehr schön hell auf dem Platz. Es gibt kaum Schatten, was im Winter sicherlich wunderbar hell und weit ist im beschneiten Gebiet. Den Platz kann man prinzipiell immer betreten: tags und nachts und über das ganze Jahr. Besonders schön sind die Ruhebänke am Sternenberg, wo man die Milchstraße sehen kann und auch viele Fotografen schätzen die Dunkelheit über dem Platz für Nachtfotos. 

 

Die Türme

 

Besondere Highlights sind die Türme auf dem Platz. Da sie meist geschlossen sind, sollte man sich vorab erkundigen, in welcher Wirtschaft man sich den Schlüssel holen kann.

 

Im Frühjahr ist am Sternenberg ein Schmetterlingsparadies zu bestaunen und man kann einfach nur schauen und genießen. 

Auch am Gänsewag gibt es einen tollen Ausblick mit Fernrohr.

 

Das alte Lager

 

Die alte Kaserne am alten Lager steht inzwischen unter Denkmalschutz. Heute gibt es dort ein Biosphärenzentrum und das Gelände wurde von Franz Tress gekauft. Dort werden jetzt unter dem Namen Albgut Künstler im Museum Albmaler und Manufakturen angesiedelt. In der Königlichen Post hat der Inhaber des Lagerhaus an der Lauter ein Café eröffnet, im alten Casino kann man Feste feiern und auch die alte Schmiede wird gerade wieder hergerichtet.

 

In einem alten Kornspeicher fand erst kürzlich die Messe Schön & Gut statt. In den nächsten Jahren soll noch einiges entstehen, abgerissen und aufgehübscht werden. Auch Übernachtungsmöglichkeiten werden geschaffen um ein Freizeitpark ähnliches Ambiente mit lokalen Spezialitäten zu schaffen.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Anonymous (Freitag, 23 August 2019 18:13)

    Der Vogel heißt Steinschmätzer! Man könnte meinen, dass eine "zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin" das wissen sollte.

  • #2

    Susi (Samstag, 24 August 2019 11:01)

    Besten Dank für den Hinweis. Ich habe den Schreibfehler korrigiert.