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Wie kommen die Geschichten in die Tageszeitung - Interview mit Rüdiger Ott von der Stuttgarter Zeitung - HVP058


 

Wir haben uns mit Rüdiger Ott dem Leiter der Filder-Zeitung und Blick vom Fernsehturm im Pressehaus in Stuttgart getroffen und darüber gesprochen, wie die Redaktion der Stuttgarter Zeitung arbeitet, wie der Tagesablauf ist, wo all die Informationen herkommen, wie der Wandel in Sachen Digitalisierung abläuft und noch über einiges mehr.

 

Rüdiger Otts Team

 

In seinem Team arbeiten ca. zehn Redakteure und 20 freie Mitarbeiter – also für den lokalen Teil der Filder-Zeitung. Im ganzen Pressehaus arbeiten ca. 250 Redakteure, die über alle Themen berichten vom VFB Spiel, über den Autounfall und auch politische Themen rund um die Bundeskanzlerin.

Rüdiger Ott ist bereits seit zwölf Jahren bei der Stuttgarter Zeitung. Er hat mit einem Volontariat begonnen, dann mehrere Stationen im Lokalen durchlaufen und seit 2,5 Jahren ist er der Leiter der Filderebene.

 

Er mag es sehr im Lokalen zu arbeiten, wegen der Kollegen und weil es super spannend ist. Alle großen Themen finden nämlich auch im Kleinen vor der Haustür statt. Außerdem erhält die Lokalredaktion sofort Feedback von den Menschen, über die sie schreiben. Ein Donald Trump wird einen Kommentar über ihn in der Stuttgarter Zeitung vermutlich nie lesen, doch die Bürger vor Ort schon. Somit ist der Kontakt viel enger zu den Menschen, über die geschrieben wird und man ist nah dran am Puls der Zeit. 

 

Wo kommen die Themen her?

 

Informationen zu Themen erhalten die Redakteure durch Pressemitteilungen von Parteien, Unternehmen, Vereinen, zu Termine, aus Pressekonferenzen und Aktionärsversammlungen. Außerdem gibt es Menschen, die bekannt sind bzw. die mit den Redakteuren sprechen und selbst in der Zeitung nicht in Erscheinung treten wollen.

 

Eigene Ideen zu Themen, die die Redakteure für interessant halten und wo sie gern einmal nachhaken wollen, runden die Inhalte ab.

 

Der Tagesablauf

 

Morgens 10 Uhr treffen sich alle Redakteure eines Resorts zur Besprechung der kommenden Ausgabe. Dann kommen alle Themenvorschläge auf den Tisch, es wird abgestimmt (ohne „Entscheidung von oben“) und dann schwärmen die Redakteure aus. Entweder es geht zu Terminen, Internetrecherche, Handelsregister und häufig auch ans Telefon. Es werden immer mehrere Quellen zu einer Geschichte befragt um sicher zu gehen, dass das worüber man schreibt auch korrekt ist und man keiner Falschmeldung aufsitzt. Daher erscheinen Geschichten lieber mal einen Tag später und sind ordentlich recherchiert, statt zu früh mit falschen oder unvollständigen Informationen.

 

Eine(r) aus jedem Resort trifft sich im Anschluss an dieses Meeting mit anderen „Gesandten“ der anderen Resorts im Newsroom um die Inhalte abzusprechen, sodass kein Thema doppelt angegangen wird, weil es Überschneidungen gibt z.B. zwischen Lokalem und Politik.

 

Am frühen/späten Nachmittag sind die Geschichten fertig geschrieben und kommen zum Redigieren. Es gilt das 4 bis 6 Augen Prinzip um möglichst viele Tippfehler, aber auch inhaltliche Lücken zu vermeiden. Alle Texte kommen ausgedruckt an eine Wand um auch einmal aus der Ferne aus einer anderen Perspektive drauf schauen zu können.

 

All die Texte gehen dann an die Kollegen, die das Layout zusammenbauen und am späten Nachmittag werden die ersten zeitunkritischen Teile und Zeitungen für die Ferne bereits gedruckt. Diese können natürlich aktuelle Details wie zum Beispiel Champions League Ergebnisse noch nicht beinhalten. Sie müssen dennoch so früh in den Druck, weil sie noch verschickten werden müssen. Zieht zum Beispiel ein Stuttgarter nach Bremen um und möchte seine Zeitung dort weiterhin bekommen, so erhält er eine dieser frühen Ausgaben. 

 

In den nächsten Stunden werden die Informationen stetig aktualisiert, sodass es verschiedene Versionen einer Ausgabe gibt. Je näher man am Druck/Pressehaus wohnt oder seine Zeitung am nächsten Tag kauft, desto aktueller sind die Informationen. In den anderen Ausgaben werden diese besagten Champions League oder Wahl-Ergebnisse dann am nächsten Tag nachgereicht.

 

Um diese regelmäßige Aktualisierung zu gewährleisten bleibt ein kleines Team an Redakteuren nach Redaktionsschluss (zwischen 18 und 19 Uhr) zurück, während die anderen dann in den Feierabend gehen. Sie müssen auf aktuelle Geschehnisse reagieren und ständig aktualisieren - ein stressiger und vielseitiger Job.

 

Die Digitalisierung

 

Die Printausgabe wir von Menschen mit einem Durchschnittsalter von 60 bis 65 gelesen. Junge Leser informieren sich im Internet. Die Homepage wird heute durch das Smartphone ergänzt. Man kann die Zeitung inzwischen auch in einer Tablet Version lesen. Bundesweit gehen somit die Auflagen zurück. Das liegt weniger an der Unzufriedenheit der Leser mit den Inhalten, sondern viel mehr an der Verschiebung weg von Print hin zur digitalen Version und der Überalterung der Zeitungsleser.

 

Für die Zukunft heißt dies, dass der Journalismus jedoch bleibt. Die Leser wollen nach wie vor qualitativ hochwertigen Journalismus, sie wollen Analysen, Reportagen, wollen wissen, was um sie herum passiert und informiert werden. Die Frage ist nur auf welche Art und Weise. Das ist die große Herausforderung, denn niemand weiß es bis jetzt.

 

Bei einer Auflage von 150.000 Zeitungen werden nächtlich 60 Tonnen Papier bedruckt. Dieses ist zwar recycelt und dennoch stellt sich die Frage, ob der Wandel von Print hin zum digitalen Produkt aus dem Umweltaspekt heraus nicht sogar begrüßt werden sollte. Unserer Meinung nach ist die Antwort ein klares JA.

 

Stuttgarter Zeitung vs. Stuttgarter Nachrichten

 

Beide Zeitungen haben ihren Standort in Stuttgart und sind unabhängig voneinander kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden. Beide hängen unter dem Dach eines Verlages und seit dem 1. April 2016 gehören sie auch zusammen. Beide Redaktionen wurden zusammengelegt um sich stärker zu machen für die Zukunft und den Medienwandel nicht nur über sich ergehen zu lassen, sondern auch Vorreiter zu sein für die Zukunft.

 

Die Leserschaft der beiden Zeitungen bekommt zum einen identische Artikel, legt jedoch auch Wert auf Unterschiede. So weichen Textlänge und Bebilderung von einander ab. Es gibt zusätzlich Exklusivautoren, die jeweils nur eine Zeitung bedienen um das Profil der jeweiligen Zeitung abzugrenzen. Viele Leser haben auch beide Zeitungen abonniert.

 

Pressefreiheit im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 5 

 

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den rechtlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre.“

 

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