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Auf dem Jakobsweg von Tübingen nach Rottenburg - Wegbeschreibung und Wissenswertes aus der Heimatkunde - HVP036



 

 

Wir waren mal wieder mit der Ü30 Gruppe vom Schwäbischen Albverein wandern und haben die Tour geführt. Es ging von Tübingen nach Rottenburg - also eine Streckenwanderung.

 

Wie funktioniert das mit der An- und Abreise bei einer Streckenwanderung?

 

Für diese Tour gab es 6 Möglichkeiten:

  1. Komplett mit den Öffis an- und abreisen (Tübingen und Rottenburg sind super zu erreichen mit Bahn und Bus)
  2. Das Auto an Start also in Tübingen parken und mit den Öffis zurückfahren
  3. Das Auto ans Ziel, also Rottenburg parken und mit den Öffis zum Start fahren (in den Parkhäusern der Stadt kann man am Wochenende kostenfrei parken)
  4. Das Taxi nutzen
  5. Bring- und Holservice von Familien und Freunden nutzen
  6. Oder natürlich zurücklaufen

Wir hatten uns ja für die Variante mit dem Auto am Zielort entschieden und das ist aus Wanderführersicht ja auch clever, weil man so die Lage am Ziel schon mal prüfen kann und auch mitbekommt, ob dort z.B. ein Fest oder eine Bahnhofsperre stattfindet.

 

Was ist das Ü30 Wanderprogramm?

 

Das Ü30 Wanderprogramm ist ein Programm vom Schwäbischen Albverein für Menschen zwischen 30 und 50 Jahren. Bei dieser Beschränkung geht es gar nicht um Fitness, sondern darum, dass gleiche Gesprächsthemen eher gefunden werden, als wenn der Altersunterschied zwischen den Wanderern zu groß ist. Außerdem führt die Gruppe immer ein ausgebildeter Wanderführer. Mehr Infos dazu gibt es auf der Website vom SAV.

 

Bei der Tour von Tübingen nach Rottenburg lag der Fokus auf dem Wellnessgedanken. Wir haben uns einfach eine schöne Zeit gemacht, geschaut, geredet, inne gehalten und die schöne Strecke genossen. Außerdem gibt es in so einer Wandergruppe auch immer viiiiiel zu bereden.

 

Warum wir ausgerechnet an einem Sonntag unterwegs waren

 

Ich mag es, wenn man durch Orte läuft, wo an Werktagen ordentlicher Einkaufstrubel ist und mal alles zu hat. Dann fällt es mir viel leichter mir die schönen Häuser anzuschauen und die Orte wirken zu lassen, statt vom Warenangebot abgelenkt zu werden.

Außerdem haben da die meisten frei und können sich entspannt auf die Wanderung einlassen.

 

Zur Tour

 

Start war auf dem Rathausplatz in Tübingen.

 

💡 Tübingen ist eine schwäbische Universitätsstadt mit 87.800 Einwohnern und etwa 28.000 Studierenden. Den Charme der Stadt macht der Mix aus dem mittelalterlichen Stadtkern und dem bunten Lebensgefühl der Studentenstadt aus. Im kleinen Wäldchen namens Elysium mitten im Tübinger Stadtgebiet (auf dem Jakobsweg von Esslingen kommend) befindet sich der geografische Mittelpunkt des Landes Baden-Württemberg.

 

Von dort aus ging es auf dem Jakobsweg (blaue Schilder mit gelber Muschel) nach oben zum Schloss Hohentübingen.

 

💡 Das Schloss wurde 1037 erbaut. 1342 verkauften es die Pfalzgrafen an die Grafen und Herzöge von Württemberg, weil sie verschuldet waren. Die Stadt wurde gleich mit verkauft. Imposant ist das 1607 geschaffene Portal im Renaissance Stil, welches den Besucher begrüßt. Im Jahr 1634 wechselte das Schloss erneut seinen Besitzer und ging kampflos an Lothringen über in Schlacht von Nördlingen. 1647 belagerten die Franzosen das Schloss und sprengten einen Eckturm. 1797 war Goethe da und verewigte sich auf dem Großen Fass mit dem Spruch "Hätten die Schwaben nicht ihren Wein, sie wären zu höherem bestimmt." Im Schlosslabor – der ehemaligen Schlossküche - wurde 1818 des 1. biochemische Labor weltweit eingerichtet. 1869 entdeckte Friedrich Miescher dort das Nuklein der DNA Substanz. Seit 1997 ist das Museum der Universität Tübingen im Schloss zu besuchen.

 

💡 Vorm Schloss steht eine Linde. Die ursprüngliche Ulrichslinde wurde ca. 450 Jahre alt. 1982 jedoch wurde die aktuelle Linde neu gepflanzt. Wenn du mehr über die Bäume am Jakobsweg zwischen Main und Bodensee erfahren möchtest, dann empfehlen wir dir das Buch: Bäume am Jakobsweg zwischen Main und Bodensee von Hilde Nittinger.

 

💡 Die Geschichte vom begrabenen Elefanten im Schlossgraben kannst du hier nachlesen.

 

Weiter ging der Weg über den Schlossberg, vorbei an all den Bruderschaftshäusern hinein in den Wald bis zum Bismarckturm.

 

💡 Dieser wurde von einer studentischen Initiative ins Leben gerufen. Nach dem Tod des Staatsmannes Fürst Bismarck im Jahr 1898 riefen Studentenverbindungen in ganz Deutschland zu Spenden auf. Mit diesem Geld sollten Denkmäler geschaffen werden, welche dem Architekten der Reichseinheit gewidmet werden sollten. So waren auch die Studenten von Tübingen dabei. Großzügig wurden sie von König Wilhelm II. von Württemberg Mitte 1899 unterstützt. Ein Fackelzug der Studentenschaft 1902 brachte noch einmal Spenden. 1903 wurde der Bauplatz – der  höchste Punkt auf dem Schlossberg, wo dieser in den Spitzberg übergeht – festgesetzt, schön abseits von Wohnhäusern und doch nah bei der Stadt. Der perfekte Ort für Studentenparties. 1907 wurde der Turm eingeweiht. Er ist 16 m hoch, aus Tuffstein und grobkörnigen Sandstein und hat 63 Stufen. Die Treppe wurde 1969 erneuert und 1999 wurde der komplette Turm durch eine private Spende saniert. Heute ist er leider nicht mehr zugänglich.

 

Nachdem wir uns den Turm angeschaut hatten und noch kurz über den Martinusweg gesprochen hatten ging es weiter in den Wald hinein.

 

💡 Den Martinusweg erkennt man an den Schildern mit dem gelben Kreuz auf rotem Grund. Er wurde zu Ehren des heiligen Martinus angelegt. Dieser wurde in Ungarn Szombathely (Steinamanger) vor 1.602 Jahren geborenen und im französischen Tours bestattet. Seit September 2016 verläuft die Mittelroute des Martinuspilgerwegs "Via Sancti Martini" durch Europa. Der Weg beginnt in Ungarn und verläuft durch Österreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien und Frankreich bis nach Tours. Das Wegenetz umfasst insgesamt über 2500 Kilometer. Die Südroute verläuft von Szombathely, Slowenien, Kroatien, Italien, Frankreich nach Tours. Dieser Weg orientiert sich an den Wirkungsstätten des Heiligen Martin in Südeuropa. 

 

Vom Bismarckturm aus geht der Weg schön durch den Wald und schon bald kann man durch die Bäume die Wurmlinger Kapelle erspähen. Ein kleiner heftiger Anstieg noch und man hat einen wunderbaren Ausblick vom Kapellberg in 474,4 müNN.

 

💡 Die Wurmlinger Kapelle heißt nur im Volksmund so, eigentlich heißt sie Sankt-Remigius-Kapelle. Sie ist die 3. Kapelle, die auf dem Kapellberg erbaut wurde. Sie wurde 1685 und diente Ludwig Uhland als Inspiration für das Gedicht "Die Kapelle", welches er 1805 schrieb.

 

💡 Uhland lebte von 1787 bis 1862 und war ein deutscher Dichter, Literaturwissenschaftler, Jurist und Politiker. Er hat bedeutende Beiträge zur Erforschung des Mittelalters beigetragen und war Abgeordneter im ersten gesamtdeutschen Parlament, der Frankfurter Nationalversammlung.

 

Die Kapelle.

 

Droben stehet die Kapelle,

Schauet still in’s Thal hinab,

Drunten singt bei Wies’ und Quelle

Froh und hell der Hirtenknab’.

 

Traurig tönt das Glöcklein nieder,

Schauerlich der Leichenchor;

Stille sind die frohen Lieder,

Und der Knabe lauscht empor.

 

Droben bringt man sie zu Grabe,

Die sich freuten in dem Thal;

Hirtenknabe! Hirtenknabe!

Dir auch singt man dort einmal.

 

💡 Interpretationen gibt es viele. Ich fand die von Eva Herold sehr treffend.

„Es gibt zwei Möglichkeiten, die Botschaft des Gedichts aufzufassen. Zum einen kann es als Drohung angesehen werden. Die Aussicht auf den Tod kann auf den Leser finster und beängstigend wirken, da der Tod meist als Tabu-Thema behandelt wird. Zum Anderen kann es als Lebensphilosophie verstanden werden. Wenn man auch in freudigen Momenten an den Tod denkt, kann es helfen, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Der Tod verliert seine Bedrohlichkeit, wenn man weiß, dass man die Lebensfreude voll ausgeschöpft hat.“

 

Nach dem Vesper an der Kapelle und dem Genießen des Ausblicks ging es wieder bergab, durch Wurmlingen und über die Felder nach Rottenburg.

 

Fakten zur Wanderung

 

Länge: 12,4 km

Aufstieg: 240 m

Abstieg: 220 m

Auf Komoot findest du die Tour zum Nachwandern.

 

Wenn du die Tour nachwanderst, schick uns gern ein paar Eindrücke und wenn du dazu Fotos auf Social Media postest, dann verlinke uns oder pack den #heimatverliebt dazu.

 

Wann ist die nächste Ü30 Wanderung, die ich führe?

 

Am 12. August 2018 geht es auf dem Jakobsweg weiter von Rotenburg über den Rammert nach Hirrlingen.


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